Serie: Strandspaziergänge
Ein Film von Thomas Wartmann
© 2010 / 43 min (dt.+franz.) und 52 min (engl.) / HD / 16:9 / Stereo
Copacabana, der bekannteste Strand Rio de Janeiros, gilt als Traum mit großer Anziehungskraft – ihn umgibt ein Mythos von unbeschwertem Leben, von Sonne, Sand und Meer. Regisseur Thomas Wartmann stellt in seinem Film einen bunten Reigen von Menschen vor, die an der Copacabana ihr Glück gesucht und gefunden haben...
Die meisten kommen zum Flirten. Pedro Aguinaga, Lebemann und Ex-Begleiter von Lisa Minelli und Tina Onassis, lebt schon immer an der vier Kilometer langen Sandbucht, die auch „kleine Meerprinzessin“ genannt wird. Verändert hat sich über die Jahrzehnte nur die Mode, sagt er: heute seien alle „praktisch schon nackt“ – das hat das Flirten noch leichter gemacht. Pedro liebt den Strand besonders, weil er demokratisch ist: „Badehose an, Oberköper frei, und alle sind gleich: der Bankier, der Dieb, der Bettler – alle sind gleich“.
Die Copacabana war ursprünglich ein unbedeutender Vorort der Hauptstadt Brasiliens, ein verschlafenes Fischerdorf. Anfang des 20. Jahrhunderts kamen Besucher nur wegen der salpeterhaltigen Luft in die Bucht. Erst das 5-Sterne-Hotel „Copacabana Palace“ brachte Aufschwung, Glanz & Glamour und Überbevölkerung gleichermaßen. Im Potpourri der Kulturen entstand am Strand vor dem Hotel in den 50er Jahren eine neue Musik, die schnell die Welt eroberte: der Bossa Nova. Um das Glück der Hotelgäste sorgt sich tagein, tagaus Pavarotti, der singende Müllmann. Das Pflaster vor dem Hoteleingang für Schauspieler, Präsidenten und Könige sauber zu halten, hält er für seine Lebensaufgabe.
Glück ist für die meisten Bewohner Rios gleichbedeutend mit Schönheit. Täglich werden am Strand die Körper gebräunt, gestählt und getuned. Schönheitschirurgie gehört zum guten Ton, denn sie verschafft Zutritt zu Geld und Luxus – das glaubt zumindest Mayra, die ihren Escortservice im Internet anbietet. Den Verheißungen von Geld und Luxus können auch andere nicht widerstehen: die Copacabana ist in vieler Hinsicht ein heißes Pflaster. Polizei und Militär haben rund um die Uhr Hochbetrieb. Boxer Claudio Coelho hat seinen eigenen Weg gefunden, der Kriminalität entgegenzutreten: In einer von Copacabanas Favelas hat er eine Boxschule gegründet, mit der er schon zahlreiche Jugendliche von der Straße geholt hat. Ihre Aggressionen können sie hier auf friedliche Weise abbauen.
Den letzten Abend jeden Jahres verbringen die Cariocas, die Bewohner Rios, traditionell an der Copacabana – ganz in weiß gekleidet, zur größten Silvesterfeier der Welt. Für Jorge, den alle nur „Garimpeiro“, den Goldsucher, nennen, ist der 1. Januar deshalb der beste Tag des Jahres. Seit 38 Jahren ernährt er seine Familie von den Dingen, die andere am Strand verlieren. Das Glück, sagt Jorge, ist für alle da. Man muss nur hartnäckig sein und lang genug danach suchen.